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Eiser­ne Göt­ter“ auf Hellerfichten 

Die SG Michen­dorf fei­ert sein 75jähriges Vereinsjubiläum

 

Am 30. Juni betra­ten sie fried­lich den Kunst­ra­sen der Sport­an­la­ge Hel­ler­fich­ten in Michen­dorf. Rotes Sport­dress statt Rüs­tung, Men­schen aus Fleisch und Blut statt Wesen einer Schein­welt: Die Fuß­bal­ler der Tra­di­ti­ons­mann­schaft des Uni­on Ber­lin. Die Spie­ler wer­den den Fans als „Fuß­ball­göt­ter“ gehul­digt, die Mann­schaft die „Eiser­nen“ aus Ber­lin Köpe­nick genannt, da frü­her vie­le Spie­ler auch in der Eisen­pro­duk­ti­on arbei­te­ten. Nach der Wen­de ist Uni­on aus unte­ren Spiel­klas­sen in die 1. Bun­des­li­ga auf­ge­stie­gen und jetzt als Tabel­len­vier­ter sogar für die Cham­pi­ons League 2023/24 qua­li­fi­ziert. Die Spie­ler der Tra­di­ti­ons­mann­schaft ver­mit­teln auch nach ihrer Pro­fi­lauf­bahn die im Ver­ein stets geleb­ten sport­li­chen und sozia­le Wer­te: Vol­ler kör­per­li­cher Ein­satz, Enga­ge­ment, Team­geist, Fair­ness und Ver­läss­lich­keit. Doping, Ras­sis­mus und Gewalt sind ver­pönt. Das macht den Ver­ein, sein Manage­ment, Spie­ler, Trai­ner­stab und Fans zu Vor­bil­dern für Jung und Alt.

Der Trai­ner der Tra­di­ti­ons­mann­schaft, Dr. „Det­ta“ Schwarz betont, dass der Zusam­men­halt bei allen Mann­schaf­ten von Uni­on Ber­lin einen gro­ßen Teil des Erfolgs­re­zepts aus­macht. Fan Thors­ten G. aus Caputh beschei­nigt Uni­on soli­de Arbeit im gesam­ten Umfeld und ein­zig­ar­ti­ge Fans, die das Sta­di­on an der Alten Förs­te­rei umbau­en hal­fen. Michen­dorfs Bür­ger­meis­te­rin sieht die­se Wer­te auch in der Ver­eins­ar­beit der SG Michen­dorf. Bei einem Auf­stieg in die 3. Liga müss­te man sich etwas ein­fal­len las­sen. Der 1. Vor­sit­zen­de der SG, Jörg Groß­mann, setzt den Schwer­punkt auf den Cha­rak­ter eines Fami­li­en­ver­eins, der durch Sport in der Gemein­schaft sozia­le Auf­ga­ben hat. Mit 19 Mann­schaf­ten (sie­ben Senioren‑, elf Jugend- und einer Mäd­chen­mann­schaft) ist der Trai­nings- und Spiel­be­trieb voll aus­ge­las­tet. Bei den nied­ri­gen Mit­glieds­bei­trä­gen gegen­über hohen Betriebs­kos­ten, die der Ver­ein zu stem­men hat, ist dies nur durch die Unter­stüt­zung der Gemein­de, Spon­so­ren und ehren­amt­li­chen Hel­fern zu stem­men. Einen wei­te­ren Auf­stieg hält er zur­zeit vom spie­le­ri­schen Poten­ti­al und den finan­zi­el­len Mög­lich­kei­ten des Ver­eins eher unwahr­schein­lich und daher nicht rea­li­sier­bar. Dies ist mit Blick auf Uni­on auch nicht das nächs­te Ziel. Wich­ti­ger ist die Freu­de, dass die Tra­di­ti­ons­mann­schaft von Uni­on als idea­ler Freund­schafts­spiel­geg­ner der Ein­la­dung von Gerald Wolf (2. Vor­sit­zen­der) folgte.

Bei Uni­on lie­fen unter ande­ren Karim Ben­ja­mi­na (Nr. 22), Björn Brun­nemann (23) auf, die bis 2011 in der Pro­fi­mann­schaft spiel­ten, sowie Chris­ti­an Stuff (40), bis 2014 aktiv. Nach der ers­ten Halb­zeit führ­te Uni­on mit 2:0, wobei der Michen­dor­fer Tor­hü­ter Alex­an­der Kroop einen höhe­ren Rück­stand durch her­aus­ra­gen­de Glanz­pa­ra­den ver­hin­der­te. Die Unio­ner hat­ten nur wenig Zeit zum Erho­len, da sie von der jün­ge­ren Gene­ra­ti­on noch in der Halb­zeit­pau­se auf dem Kunst­ra­sen um Auto­gram­me gebe­ten wur­den. Manch­mal spiel­ten die Kin­der einem Akteur den Ball zu und freu­ten sich, wenn die­ser von ihm zurück­ge­passt wur­de. („Ben­ja­mi­na hat mich ange­spielt“) Ein schö­nes Bild für die Betrach­ter, wel­ches die posi­ti­ven Inten­tio­nen und die oben ange­spro­che­nen Wer­te des Ver­eins­sports zeig­ten. Nach der Pau­se dreh­te Michen­dorf mäch­tig auf, muss­te sich aber schließ­lich mit einem End­stand von 3:4 zufrie­den­ge­ben. Wich­ti­ger als die­ses Resul­tat zähl­te aber die durch die Spiel­freu­de der Mann­schaf­ten ent­fach­te Begeis­te­rung bei den über 1 300 Zuschau­ern, die anschlie­ßend noch im Fest­zelt Erin­ne­run­gen an ver­gan­ge­ne Zei­ten aus­tausch­ten oder Zukunfts­hoff­nun­gen dis­ku­tier­ten. Eini­gen war noch das Trai­ning vor der Wen­de in der mitt­ler­wei­le abge­ris­se­nen Turn­hal­le geläu­fig, in der anschlie­ßend eine Spie­ler­mut­ter immer war­mes Essen austeilte.

Laut Ver­eins­chro­nik wur­de schon gleich nach dem II. Welt­krieg auf dem Sport­platz „gemur­melt“, bis 1946 ein Vor­läu­fer des Ver­eins (BHG Michen­dorf) auf Initia­ti­ve von Fritz Berg gegrün­det wur­de. Durch die Neu­grün­dung des Ver­eins „Sport­ge­mein­schaft Michen­dorf“ am 15. Okto­ber 1948 ent­sprach der Ver­ein den dama­li­gen Auf­la­gen. Das Brach­land bei den Hel­ler­fich­ten wur­de von Bau­ern glatt gewalzt, Tore mit Fischer­net­zen bespannt und das nahe gele­ge­ne Volks­haus zum Ver­eins­heim erklärt. Dort konn­ten sich die Spie­ler umzie­hen und auch die dor­ti­ge Wan­nen­ba­de­an­stalt nut­zen. Ver­stärkt durch Spie­ler der jet­zi­gen Orts­tei­le Michen­dorfs wur­de zunächst in unte­ren Klas­sen gespielt.  1948 besieg­te man in einem legen­dä­ren Freund­schafts­spiel Her­tha BSC mit 4:3, nicht zuletzt durch die geschlos­se­ne Mann­schaft­leis­tung und sen­sa­tio­nel­le Tor­wart­pa­ra­den von Hel­mut Loch, den Her­tha nach Ber­lin hol­te, wo er dann auf Grund sei­nes Kön­nens Kar­rie­re mach­te. Jede Gele­gen­heit in Bran­den­burg Fuß­ball zu spie­len wur­de genutzt, wobei ein LKW des Werk­statt­meis­ters Hugo Basel zum Trans­port von Spie­lern und Aus­rüs­tung kos­ten­los zur Ver­fü­gung gestellt wur­de. In Stend­al ver­kauf­te sogar ein Händ­ler auf dem Platz Bock­wurst „frei“ (d.h. ohne Mar­ken), weil „sie „je zur Hälf­te aus Pfer­de- und Kanin­chen­fleisch“ bestand. Ein Spie­ler mein­te: „Also je ein Pferd und ein Kar­ni­ckel!“ Nach und nach wuchs der Ver­ein. Die finan­zi­el­le Unter­stüt­zung soll­te nicht durch pri­va­te Spen­den erfol­gen, weil pri­va­ter Ein­fluss, laut Par­tei, uner­wünscht war. So schloss man sich zu einer BSG (Betriebs­sport­ge­mein­schaft) mit Lok Seddin zusam­men, obwohl sich spä­ter zeig­te, dass die erwar­te­te finan­zi­el­le För­de­rung durch die Betrie­be sehr spar­sam gehand­habt wur­de. 1990 wur­de der Michen­dor­fer Platz von Wild­schwei­nen unbe­spiel­bar gemacht, das Geld für eine Wie­der­her­stel­lung fehl­te. Des­halb wich man auf den Sport­platz in Caputh aus. Für jedes Spiel zahl­te die Gemein­de 100 DM. Im neu­ge­ord­ne­ten Spiel­be­trieb nach der Wen­de begann die Sai­son im Som­mer 1990. Der Bau der neu­en Sport­an­la­ge „Hel­ler­fich­ten“ wur­de 2015 beschlos­sen, 2021 fer­tig­ge­stellt und bie­tet heu­te im „Sta­di­on“ Platz für 1.000 Zuschau­er. Im Haupt­ge­bäu­de befin­den sich Umklei­de­ka­bi­nen, Ver­eins­räu­me, ein Büro und ein Ver­kaufs­raum. So ist für das leib­li­che Wohl und die Auf­ga­ben eines Ver­eins­heims alles vor­han­den und dank der Hil­fe durch die Gemein­de Michen­dorf und den „Ehren­amt­li­chen“ entstanden.

Am Sams­tag fand auf dem Gelän­de ein Floh­markt mit Hüpf­burg und Fuß­ball­tur­nier statt. An die­ser Stel­le möch­te ich Vor­stand, Spie­lern, allen ehren­amt­li­chen Hel­fer und Unter­stüt­zern, die immer bereit­ste­hen, wenn Hil­fe gebraucht wird, dan­ken. Ihr habt dem Ver­ein und allen Gäs­ten eine wür­di­ge Jubi­lä­um­ver­an­stal­tung geschenkt, alles war per­fekt orga­ni­siert und die schö­ne Stim­mung soll­te Euch zu wei­te­ren Auf­ga­ben beflügeln:

Wie war denn das noch mit der 3. Liga?

1948 wur­de doch schon Her­tha BSC besiegt, lan­ge bevor dies Uni­on gelang. Tat­kräf­ti­ge Hil­fe der Michen­dor­fer könn­te man beim Bau eines grö­ße­ren auch Sta­di­ons erwar­ten. Bür­ger­meis­te­rin Clau­dia Now­ka will sich was ein­fal­len las­sen, und ich wür­de wie­der ger­ne mit der Unter­stüt­zung von Gerald Wolf dar­über einen Arti­kel schreiben.

Jörg Groß­mann und Gerald Wolf sagen: „Geht nicht!“ Ich sage: „‘Geht nicht´, geht nicht!“

Wer weiß?…

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